Von Dosenbohnen und nachhaltigen Glimmstängeln. Und was das mit nachhaltiger B2B-Kommunikation zu tun hat.
Wenn ich die Werbung, die mir in meinem Leben nachhaltig in Erinnerung geblieben ist, von meinem geistigen Auge scannen lasse und dann den Random-Button drücke, spielt sich in etwa folgendes Szenario ab:
Ein Cowboy sitzt Marlboro quarzend am Lagerfeuer, in dessen Glut der Inhalt einer zuvor mit dem Bowie-Messer aufgeschlitzten Bohnendose vor sich hin blubbert, während im Hintergrund vor schneebedeckter Alpenkulisse lila gefleckte Kühe grasen, musikalisch untermalt von Johnny Cash, der das Heidi-Lied im Country-Style zum Besten gibt: „Heidi, Heidi, your world are the mountains …“
Erst als der Kuhtreiber seinen Stetson aus der Stirn schiebt, bemerkt er die adrette Lady, die, eine Hand in die Hüfte gestemmt und mit der anderen lässig an einer langen dünnen Zigarette ziehend, am Feuer steht und ihn kess von oben herab beäugt. Der Marlboro Man schnippt seine Filterkippe in die Flammen und raunzt: „Was für abgefahrene Glimmstängel rauchen Sie denn da, Miss? Lasziv bläst sie eine bläulich schimmernde Rauchwolke in seine Richtung und antwortet: „Kim – für Männerhände viel zu schick!“
Dieses klischeehafte Macho-Szenario bringt das herannahende HB-Männchen derart zur Weißglut, dass es vom Boden abhebt und Richtung Wolke sieben entschwebt, wo es auf halber Strecke dem Red-Bull-Männchen begegnet, dem der Werbe-Legende nach eine nach Bubblegum und Baby-Bäuerchen riechende Energ-Plörre gleichen Namens Flüüügel verliehen hat.
Unterdessen gesellt sich unten auf der Erde der Camel-Mann im Used-Kaki-Look zu dem ungleichen Pärchen am Lagerfeuer, weil er sich offenbar im Dschungel – seinem angestammten Einsatzgebiet – verlaufen hat und sich nun unversehens in der Prärie -respektive im Alpenvorland wiederfindet. Er fläzt sich in den Sand und legt seine ausgestreckten Beine auf dem Sattel des Marlboro-Cowboys ab und als er im Feuerschein erkennt, dass der ungläubig auf das Loch in der Sohle seines rechten Outdoor-Stiefels starrt, meint er lakonisch: „Ich gehe meilenweit …“ Na ja, der Rest ist Kommunikationsgeschichte, wie die Marlboro, die Camel, die Kim, die HB und überhaupt jegliche Art von ikonischer Kippen-Werbung.
Aber, hey, nachhaltig war die allemal. Oder wer zur Hölle kann mir aus dem Stegreif die aktuelle Werbung für den elektrischen Marlboro-Glimmstängel-Nachfolger nennen, mit Namen, ähm, na, sehn Se, da fängt’s schon an – IQOS, danke. Hä? Was ist das für ein bescheuerter Name? Lucky Strike. Philip Morris. Pall Mall. Oder eben Marlboro. Das waren noch Markennamen, die man sich eingeprägt hat. Aber IQOS? Und die Namen der Konkurrenten sind auch nicht besser: Innokin, Uwell, Wismec …
Egal. Viele der oben genannten Werbeformate liefen über eine sehr lange Zeit. Die Red-Bull-Cartoons gibt es seit über 30 Jahren. Der von Leo Burnett aus der Kreativ-Taufe gehobene Marlboro Man ritt von 1954 bis 1999, das cholerische HB-Männchen mit dem schönen Namen Bruno rastete von 1957 bis 1984 regelmäßig aus. Allesamt waren und sind sie Kommunikationskult. Weil sie so angelegt waren, dass man immer neue Geschichten über sie erzählen konnte – sie waren serienfähig.
So, wie kriege ich jetzt noch die Kurve zu unserem Thema nachhaltige B2B-Kommunikation. Da wird es etwas diffiziler. Weil wir sehr spitze Zielgruppen haben. Aber, wo wir weiter oben von lila Kühen geredet haben, fällt mir eine Spedition mit Namen Lila Logistik ein, deren entsprechend lackierte LKWs einem auf der Autobahn ins Auge springen. Und es fällt mir natürlich das Unternehmen Bitzer ein, das seit mehr als zwölf Jahren erfolgreich dieselbe Kampagne fährt. Sie ist geprägt von einer Röntgenoptik, die sichtbar macht, in welchen Gebäuden und Fahrzeugen die Verdichter von Bitzer zur Anwendung kommen. Warum mir das einfällt? Weil ich auf Agenturseite seit acht Jahren für Bitzer arbeite. Auch ganz schön nachhaltig – für einen Werber.
Ach ja, was ich noch loswerden wollte: Rauchen ist ungesund. Ich habe vor über 20 Jahren damit aufgehört. Ohne Marlboro Man, Camel Boots, Kim und Bruno ist es mir am Lagerfeuer einfach zu langweilig geworden. Und die Dosenbohnen haben auch immer beschissen geschmeckt …