Die Bilder von Rafael Krötz überraschen durch ungewöhnliche Kontexte und manuell geschaffene Kompositionen. Um seine Motive weitgehend ohne digitale Bearbeitung realisieren zu können, investiert Krötz viel Zeit in die Konzeption und den Aufbau von Shootings. Für seine Bildstrecken züchtete er beispielsweise extra Spinnweben oder klebte Wände so mit Fototapeten ab, dass in Verbindung mit vorhandenen Fensterscheiben neue Kontexte entstanden. In einer weiteren Arbeit gelang es Krötz, durch gezielte und unterbrochene Langzeitbelichtung die Greenwich-Koordinaten der Aufnahmeorte als Morsecode am Himmel darzustellen. Dies zeigt deutlich, dass er optisch ansprechende Effekte nicht nur als Ziel, sondern auch als Mittel zum Zweck für die Umsetzung einer konzeptionellen Idee betrachtet. Wir sprachen mit Rafael Krötz über den Reiz seiner Arbeitsweise, Authentizität, kleine Budgets und die großen Veränderungen seiner Branche.
Jahrgang 1978, ist ein Fotograf aus Stuttgart. Seit dem Abschluss an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart arbeitet er als freischaffender Fotograf mit den Schwerpunkten Automobil, Industrie, Schmuck und Magazinporträt. Neben der vielfach ausgezeichneten Arbeit mit namhaften Kunden und Medien ist Krötz auch als Dozent tätig.
Was reizt Sie daran, Dinge durch ungewöhnliche Kontexte zu verändern?
Ich hoffe, dass für den Betrachter ein überraschendes Bild entsteht, das er so noch nicht gesehen hat. Außerdem bekommen solche Motive eher Aufmerksamkeit. Prinzipiell muss für mich aber immer eine klare Idee oder Botschaft im Vordergrund stehen. Ich finde es schade, wenn jemand zur mir kommt und A über B stülpen will, ich darin jedoch keinen Sinn erkenne.
Durch digitale Bildbearbeitung ist heute fast alles möglich. Wie bleibt ein Bild authentisch?
Ich möchte die digitale Bildbearbeitung nicht kritisieren, weil ich sie auch nutze. Was zählt, ist ein gutes Endergebnis. Ich versuche meine Motive aber immer so zu bauen, dass hinterher nicht mehr viel zu tun ist. Heutzutage ist man als Fotograf ja fast in der Bringschuld, weil die Leute davon ausgehen, dass digital nachgeholfen wurde.
Wo ziehen Sie die Grenze zwischen Veränderung und Manipulation?
Das hängt stark vom Endnutzen des Bildes ab. Bei journalistischen Arbeiten wären größere Eingriffe fatal, in der Werbung arbeiten wir aber bewusst mit geschönten Bildern. Die Optimierung fängt dort beispielsweise schon mit der Auswahl von Models an, die an sich schon jenseits des Durchschnitts sind. Für mich muss es sich einfach gut anfühlen. Seriöse Kunden sprechen diese Thematik meistens auch von selbst an.
Als Künstler haben Sie freie Hand. Wie anpassungsfähig müssen oder wollen Sie als Dienstleister sein?
Im Gegensatz zu vielen Kollegen trenne ich nicht zwischen privaten Projekten und Auftragsarbeiten. Stattdessen versuche ich, so früh wie möglich mit dem Kunden am Tisch zu sitzen und im gemeinsamen Gespräch Konzepte zu entwickeln. So kann ich einerseits den Kundenwünschen entsprechen, gleichzeitig aber auch eigene Ideen umsetzen. Als Künstler sehe ich mich selbst nicht.
Hand aufs Herz: Was würden Sie an manchen Auftraggebern gerne ändern?
Ich wünsche mir mehr Mut und Lust, etwas Neues zu wagen. In anderen Ländern ist man da aufgeschlossener. Natürlich habe ich selten Einblick in Strukturen und Entscheidungsprozesse, die für meine Planung aber relevant wären. Früher waren die Budgets oder betriebenen Aufwände für besondere Bilder deutlich höher – auch wegen mangelnder Möglichkeiten der digitalen Bearbeitung. Ich schmunzle oft, wenn Leute fragen: „Wow, ihr habt das echt gebaut?
Es gibt immer mehr Hobbyfotografen. Wie verändern diese den Markt?
Gute Kameras sind heute für jeden erschwinglich. Aufnahmen von Quereinsteigern haben für einige Bereiche wie zum Beispiel Freisteller eine ausreichende Qualität, weshalb Agenturen gerne auf sie zurückgreifen. Da der Bedarf an Bildern durch das Internet aber enorm gestiegen ist, sehe ich gerade in der Arbeit mit Großkunden, die höchste Zuverlässigkeit fordern, ein wichtiges Feld für Profis. Trotzdem wird mir manchmal bange, wie gut die Bilder mancher Hobbyfotografen sind.
Trends wandeln sich täglich. Wie wichtig ist Ihnen ein eigener Stil?
Ich halte meine Sachen nicht für einsortierbar und mache auch Trends nicht mit. Trotzdem wird man beeinflusst, aktuell zum Beispiel vom Instagram-Look, der schon Einzug in große Kampagnen gehalten hat. Ich frage mich schon: Muss ich mich da anpassen? Gleichzeitig weiß ich aber, dass es nicht meinem Stil entsprechen würde, und suche deshalb Wege, die Aufgaben mit meinen eigenen Mitteln zu lösen.