CX und Corona – was für ein Kunde erwartet Unternehmen jetzt und in Zukunft?

Marke People Data & Tech Lifestyle
18.05.2021

Die Covid-19-Pandemie stellt Menschen und Unternehmen weltweit vor ungeahnte Herausforderungen. Damit wachsen auch neue Kundenansprüche und gleichzeitig entstehen neue Kommunikationswege für Unternehmen und ihre Kunden.

Alexander Mühl, Chief Digital Officer bei der TBWA\, weiß, wie die neue Customer Experience aussehen wird. Mit ihm haben wir dieses spannende Thema gemeinsam erörtert, vor allem in Hinblick auf die Bedeutung der Customer Experience für die B2B-Branche.

Alexander Mühl

Alexander Mühl war Chief Digital Officer der TBWA\ Düsseldorf und sieht als gelernter User-Experience-Designer im Verstehen der Bedürfnisse, der Einstellungen und des Verhaltens von Menschen im digitalen Raum den entscheidenden Schlüssel für wirkungsvolle Kommunikation, egal ob in B2B oder B2C. Seit Mai 2021 ist er als Head of Digital & Innovation bei Borussia Dortmund tätig.

Die Pandemie hat global einen drastischen Einfluss auf alle Branchen, so auch zwangsweise auf das Konsumverhalten der Menschen. Meinst du, Corona hat eine neue Art von Kunden hervorgerufen? Und was bedeutet das für die B2B-Branche?

SK

Ich glaube nicht, dass Corona eine neue Art von Kunden hervorgerufen hat. Es gab schon vorher Menschen, deren Kaufentscheidungsverhalten stärker online geprägt war. Diese Personen haben sich selbstständig Online-Produktbewertungen, Online-Kataloge und Online-Preisvergleiche durchgesehen. Für die hat sich nicht viel geändert. Und das gilt natürlich auch für Kunden im B2B. „B2B-Entscheider sind auch nur Menschen“, wie ich gerne scherzhaft sage.Andererseits steht fest, dass durch die Pandemiesituation die Customer Journey vieler Konsumenten und eben auch Entscheider in B2B zwangsweise digitaler geworden ist. Und viele dort eine neue Sicherheit entwickelt haben, was ihre Kaufentscheidung betrifft.

AM

Wie muss die Customer Experience (CX) entsprechend angepasst werden, um den Bedürfnissen und Wünschen dieses Kundentyps gerecht zu werden?

SK

Das Wissen um die eigenen Kunden – konkreter: das datenbasierte Wissen – wird für B2B-Unternehmen immer wichtiger werden: Was sind ihre Erwartungen, Informations- und Beratungsbedürfnisse? Über welchen Kanal wollen sie kommunizieren?
Auf Basis dieses Verständnisses gilt es dann den Gedanken der Experience aufzugreifen und für das eigene Unternehmen zu definieren. Wie sollte sich der Kontakt mit unserem Unternehmen anfühlen? Wie vermeiden wir Frustrationen, wie sorgen wir für positive Erlebnisse? Und das berührt vieles: vom Telefonat mit dem Kundenservice bis zum Content, den ich digital bereitstelle.

AM

In einer Studie von SAS und McKinsey zeigte sich, dass Kunden es bevorzugen, wenn sie auf mehreren Kanälen mit dem Unternehmen kommunizieren können. Meinst du, das trifft auch in der Kommunikation im B2B zu?

SK

Ja, definitiv. Wobei das auch wieder extrem unterschiedlich ist. Aber diese Multi-Optionalität: Wo will ich jetzt den Dialog mit Unternehmen führen? Das wird immer stärker werden. Ich glaube, teilweise auch wegen Corona. Aber auch, weil im B2B-Bereich einfach eine neue Generation im Management nachrückt, die es eben aus ihrem Privatleben gewohnt ist, mit einem Unternehmen im Rahmen vom Kundenservice oder von anderen, verschiedensten Kanäle zu interagieren.

AM

Die aktuelle Situation zeigt, dass die vor Covid-19 begonnenen Entwicklungen lediglich beschleunigt wurden. Stimmst du dieser Annahme zu oder widersprichst du ihr?

SK

hr? Ich denke, da gibt es zwei Auswirkungen für B2B-Unternehmen. Einmal sind die digitale Infrastruktur und das digitale Ökosystem noch wichtiger geworden als zuvor. Was nur noch eingeschränkt funktionieren wird, dürfte die Konzentration auf Messen sein, den Telefonhörer und vielleicht noch das Faxgerät – und online gibt’s eine Verlegenheitslösung. Ich glaube, dieses Denken stößt dann doch an seine Grenzen, weil sich Kundenerwartungen deutlich verändert haben. Die Trends, die jetzt beschleunigt wurden durch Corona, laufen ja weiter. Man schmunzelt ja, dass Corona für die Digitalisierung des deutschen Mittelstandes mehr getan hat als jeder CEO. Das andere ist, nach der Strukturierung der Betriebsaktivität, auch der zeitliche Faktor. Macht der Fokus mit Messen und Kundenakquise noch Sinn mit ein oder zwei Höhepunkten im Jahr? Oder muss man nicht eher „always on“ denken? Ich glaube, das ist so der zweite Meilenstein. Weg von diesen Peaks, die man noch im B2B-Business hat, hin zu einer ganzjährigen Interaktion mit dem Kunden.

AM

Was, glaubst du, werden die wichtigsten Trends für die B2B-Branche werden?

SK

Ich denke, dass die Auswirkungen der Pandemie auf das Konsumverhalten für B2B-Unternehmen gar nicht so unterschiedlich sind wie für B2C-Unternehmen. Auch im B2B gab’s Unternehmen, bei denen die Customer Journey zuvor schon stark digital geprägt war. Und wie im B2C haben nun viele festgestellt, dass sie hier Nachholbedarf haben. Wenn man es so will, hat Corona diesen digitalen Wandel beschleunigt, der aber schon zuvor angelegt war. Selbst wenn wir diese Präpandemie-Situation wieder haben, wieder Messen haben und wieder „physische“ B2B-Kontaktanbahnungen, wird es nicht mehr so sein wie vor der Pandemie. Denn die Leute haben gemerkt, dass es auch vom Wohnzimmer aus geht. Da sind Erfahrungen gemacht worden, die das Verhalten der Zukunft prägen werden. Diese neuen Erwartungshaltungen werden nicht weggehen.

AM

Ich danke dir für dieses Interview, Alexander.

SK

Fazit

Die Studien von McKinsey und SAS sowie die Expertise von Alexander Mühl machen deutlich, dass vermutlich kein neuer Kundentyp durch die Pandemie entstanden ist, und zeigen, dass die Trends der Vergangenheit nun präsenter sind als je zuvor. Die vorangegangenen Entwicklungen hinsichtlich Digitalisierung sowie Customer Experience werden in Zukunft mehr über den Erfolg eines Unternehmens entscheiden als bisher. Eine engere Kundenbeziehung, eine langfristige Customer Loyalty und eine reibungslose Customer Journey bedürfen neuer Kommunikationswege, die sich früher oder später auch in der B2B-Kommunikation etablieren müssen.

Autorin
Samime Kutlu

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