Wer beginnt, sich mit Customer Experience auseinanderzusetzen, wird sehr schnell auf eine Unmenge von Softwareprodukten stoßen, die alle mehr oder weniger versprechen, Kunden klickklack gründlich durchzuanalysieren und fast automatisch die perfekte Customer Experience herzustellen. Doch ganz so algorithmisch funktioniert das mit der Kundenliebe dann zum Glück doch nicht. Ein Plädoyer für mehr Marke, mehr Kreativität, mehr Mensch in der Kundenerfahrung. Und für die Tools, die man dafür wirklich braucht.
„Mit diesem System of Action werden Kunden zu Fans“ – so wird man auf der Website von Qualtrics begrüßt. Dem Unternehmen, das mit über 11.000 Firmenkunden der Platzhirsch bei Customer-Experience-Software ist. Kunden werden zu Fans. Mit einem System of Action. Klingt toll, oder? Was dieses System of Action ist, das Kunden in heißblütige Tifosi verwandelt, davon kann man sich in einem kleinen Beispiel direkt einen ersten Eindruck machen. Und der ist leider ziemlich ernüchternd.
„Auftrag 9751-HU-23 ist mit beschädigten Artikeln eingetroffen. Versenden Sie die Artikel so schnell wie möglich neu“, heißt es da und: „Versand ist ein negativ besetztes Thema. Mehrere Kunden haben beschädigte Artikel erwähnt. Passen Sie den Verpackungsprozess an.“
Wann waren Sie das letzte Mal so richtig begeistert, als Ihre Bestellung unbeschädigt bei Ihnen angekommen ist? Genau. Das ist eine Kundenerfahrung, die gar keine ist. Wir erwarten völlig zu Recht, dass unsere Ware sicher bei uns ankommt. Anscheinend hilft das System of Action also vor allem dabei, negative Kundenerfahrungen zu vermeiden. Das ist gut. Und es macht Kunden zufrieden. Aber sicherlich nicht zu begeisterten Fans.
DAS SAMMELN UND ANALYSIEREN VON DATEN IST ESSENZIELL, ABER ES IST NICHT URSÄCHLICH FÜR EINE BEGEISTERNDE CUSTOMER EXPERIENCE.
Genau das ist das Problem mit CX-Plattformen und -Tools, ob sie nun Qualtrics XM, Zendesk, Medallia oder SAS CX heißen. Sie versprechen Experiences, aber sie liefern Daten. Zahlen. Dashboards. Alerts.
Nicht falsch verstehen, das Sammeln und Analysieren von Daten ist essenziell für die Optimierung der Customer Experience und deshalb auch ein gewichtiger Teil des CX-Prozesses bei RTS Rieger Team. Aber es ist nicht ursächlich für eine begeisternde Customer Experience, die aus Kunden wirklich Fans macht.
Dafür braucht es mehr. Es braucht Menschlichkeit. Kein Computer, keine Software wird je in der Lage sein, Begeisterung planen zu können, weil kein Computer und keine Software wissen kann, wie sich Begeisterung anfühlt. Keine noch so ausgereifte künstliche Intelligenz kann vorausfühlen, ob eine bestimmte Kundenerfahrung Begeisterung auslösen kann. Vor allem dann nicht, wenn sie neu ist. Wenn es also keine Daten dazu gibt. Künstliche Intelligenz hat keine Emotionen, Träume, Wünsche, Ängste oder Schwächen. Und deshalb auch keine Chance, Menschen zuverlässig zu begeistern.
Software alleine reicht also nicht, um zur rundum idealen Customer Experience zu gelangen. Was fehlt dann noch? „Die Customer Journey!“, wird es Ihnen jetzt aus einer anderen Ecke des Netzes entgegenschallen. Eine Vielzahl Websites will Ihnen sagen, dass Sie die gesamte Customer Journey mappen müssen, um dann die Touchpoints mit Ihren Kunden zu optimieren. Und wissen Sie was? Das stimmt. Ein bisschen.
Eine Customer Journey kann Ihnen dabei helfen, die relevantesten Kontaktpunkte mit Ihren Kunden zu finden. Sie kann Struktur bei der Arbeit an der optimalen Kundenerfahrung geben und so dazu beitragen, sich zunächst auf das Wichtigste zu konzentrieren. Bei durchschnittlich ca. 500 Touchpoints einer Marke zu Ihren Kunden ist das auf jeden Fall eine echte Hilfe.
Die Customer Journey kann aber auch eine Falle sein. Dann nämlich, wenn deshalb nur die Touchpoints optimiert werden. Wer so stark die Kontaktpunkte ins Zentrum nimmt, der verpasst dabei rasch das eigentlich Wesentliche: die Menschen. Und er lässt noch etwas ganz Entscheidendes außer Acht: Erfahrungen entstehen nicht an Touchpoints, sondern in Situationen.
Bei RTS Rieger Team haben wir deshalb ein Werkzeug entwickelt, mit dem wir die Customer Journey bei der CX-Planung ideal ergänzen: die Erfahrungsräume. Darin machen wir jeden Touchpoint zum Teil einer Interaktionssituation mit der Marke, in deren Zentrum der Mensch steht. Innerhalb dieses Erfahrungsraums suchen wir dann nach Antworten auf Fragen wie „Was will der Kunde in dieser Situation vor allem?“, „Was bewegt ihn in zurzeit beruflich? Was privat?“, oder „Welche Umgebungsfaktoren stressen oder entspannen ihn?“.
MIT ERFAHRUNGSRÄUMEN FINDEN WIR MEHR ANTWORTEN ZU JEDEM TOUCHPOINT.
Wir versuchen, die Situation ganzheitlich aus der Sicht des Kunden zu verstehen. Die Antworten liefern uns dabei Erkenntnisse aus der Marktforschung, sozialwissenschaftliche und psychologische Studien, persönliche Erfahrungen, zum Beispiel von Key Account Managern, und nicht zuletzt unsere Empathie, unsere Spiegelneuronen. Dieses uralte, mächtige Werkzeug, das uns die Evolution nach jahrtausendelanger Entwicklungsarbeit geschenkt hat und das, da ist sich die Wissenschaft einig, einen gewichtigen Anteil am Überleben und am Erfolg der Menschheit hat.
Ein Beispiel: Eine Kaffeehauskette möchte ihre Customer Experience im Frühstücksgeschäft in Großstädten wie New York optimieren. Würde sie sich dabei auf den Touchpoint Café konzentrieren, würde sie vielleicht schönere Möbel anschaffen oder die Produkttafeln übersichtlicher gestalten. Vielleicht hätte ihr ihre Software gesagt, dass sich online einige Leute darüber beschwert haben, dass die Becher so heiß sind, dass man sie kaum tragen kann, worauf sie neue Becher entwirft, die einen isolierten Tragering haben. Alles gute Sachen, aber sorgen die wirklich für Begeisterung? Wie würde es aussehen, wenn die Kaffeehauskette stattdessen mit den Erfahrungsräumen die Situation verstehen würde?
Dann würde sie verstehen, dass die Menschen, die morgens kommen, vor allem in Zeitnot sind. Weil sie auf keinen Fall ihre U-Bahn verpassen und zu spät zur Arbeit kommen dürfen. Weil der amerikanische Arbeitsmarkt gerade angespannt ist und es sich niemand leisten kann, seinen Job zu verlieren, weil er zu spät gekommen ist. Sie würde verstehen, dass die Kunden am Morgen einen Kaffee kaufen, um wach zu sein. Weil sie in Kürze ein wichtiges Meeting, eine entscheidende Präsentation haben, brauchen sie einen Kaffee, um geistig da zu sein. Um die Chance auf beruflichen Aufstieg zu wahren. Sie würde verstehen, dass lange Schlangen ein echter Stressfaktor sind, aber ein steter Fluss an Menschen, die das Café verlassen, entspannend wirkt.
Mit all diesem situativen Wissen ausgestattet, würde das Unternehmen sicher nicht mehr den Fokus auf Mobiliar oder Becher richten. Es würde vielleicht ein Frühstückskaffee-Abo anbieten, bei denen Menschen ihren morgendlichen Lieblingskaffee einfach vorbestellen, online bezahlen und dann jeden Morgen abholen können. Vielleicht würde es sogar eine App entwickeln, die automatisch registriert, wann sich der Kunde dem Café nähert, und dann rechtzeitig seinen Lieblingskaffee in Auftrag geben, damit der pünktlich und heiß bereitstehen kann. Oder mobile Pick-up-Stationen an U-Bahnhöfen, an denen sich die Abonnenten ihren Kaffee abholen können, ohne den Umweg ins Café machen zu müssen. Es würde vielleicht einen ganz neuen Brain-Enhancement-Kaffee entwickeln, der doppelt so viel Koffein hat oder andere Inhaltsstoffe, die geistig frisch machen.
Mit den Erfahrungsräumen würde die Kaffeehauskette nicht nur den Touchpoint optimieren, sondern die gesamte Situation. Sie würde Maßnahmen umsetzen, auf die sie sonst nie gekommen wäre und die ein wirklich tiefes Verständnis für die Bedürfnisse ihrer Kunden zeigen. Und das wird ihre Kunden sicherlich mehr begeistern und ihr helfen, sich stark vom Wettbewerb abzugrenzen.
Viel zu selten wird im stetig wachsenden Angebot der CX-Dienstleistungen der Einfluss der Marke auf die Customer Experience behandelt. So wenig, dass man sich fragen könnte, ob die Marke für die Customer Experience überhaupt relevant ist.
Auf jeden Fall. Aus einem ganz einfachen Grund: Eine Marke baut Erwartungen auf, die Kunden und potenzielle Kunden an eine Marke haben und die von der Customer Experience erfüllt werden müssen. Dabei dürfen und sollen die Kunden mit außergewöhnlichen Erfahrungen überrascht werden. Aber nur innerhalb des Markenrahmens. Denn sonst wird es unauthentisch und damit sogar schädlich.
Daher haben wir für unseren RTS CX-Prozess einen weiteren zentralen Baustein entwickelt: das CX-Manifesto. Das Grundgesetz für die Kundenerfahrung einer Marke.
IST MARKE FÜR DIE CUSTOMER EXPERIENCE ÜBERHAUPT RELEVANT?
Für das CX-Manifesto berücksichtigen wir alles, wofür eine Marke steht, und übertragen es in einige wenige Leitsätze für die Customer Experience. Alle relevanten Kundenerfahrungen der Marke müssen dann in Zukunft mindestens einem der Leitsätze entsprechen. So stellen wir sicher, dass jede Kundenerfahrung immer auch die Marke stärkt.
So verführerisch es auch ist, die allein seligmachende Lösung für die ideale Kundenerfahrung gibt es nicht. Die perfekte Customer Experience entsteht immer aus dem Zusammenspiel der drei wichtigsten Faktoren Daten, Marke und Mensch.
Nur wenn die Daten von Menschen für die Konzeption von CX-Maßnahmen genutzt werden und nur wenn dabei der Mensch im Mittelpunkt steht und nur wenn die Maßnahmen den Erwartungen der Kunden an die Marke gerecht werden, nur dann können ideale Kundenerfahrungen entstehen. Erfahrungen, die so starke Bindungen erzeugen, dass sie Unternehmen vor wirtschaftlichen Turbulenzen bewahren, Produktneueinführungen erleichtern und ganze Märkte erobern können.
Customer Experience lohnt sich. Und es lohnt sich, dabei nicht nur in Technologie, sondern vor allem auch in Menschen zu investieren. Weil nur Menschen Menschen wirklich begeistern können.