Lieber Franz,
als ich an diesem Frühlingstag 1986 auf dich und mein Vorstellungsgespräch zum Praktikum wartete, da konnte ich kaum ahnen, wie entscheidend dieser Moment für mein Leben sein würde. Offen gestanden hatte ich ziemliche Zweifel, denn nichts sah bei RTS Rieger Team damals so aus, wie wir Studenten uns das unter Werbeagentur so ausgemalt hatten. Erst später wurde mir klar, dass ich während dieser Wartezeit und des anschließenden Gesprächs schon praktisch alles Wesentliche über dich und deine Agentur erfahren hatte.
Die Räumlichkeiten und ihre Ausstattung waren, nun ja, spartanisch. Keine Altbauvilla in Hanglage Stuttgart-West. Ein Gebäude-Anhängsel auf dem Gelände des ehemaligen Buchgroßhändlers KNO.
Das Besprechungszimmer ein Kellerraum in dieser komischen Werbebarracke. Darin: ein seit Wochen unbenutzter Btx-Arbeitsplatz, ein Tisch, zwei Stühle.
Du hast mich nicht lange warten lassen, kamst rein, offen, herzlich, nahmst mir jede Angst. Hast nicht übermäßig viel gesprochen. Vor allem die Texte gelesen, die ich damals als studentischer Mitarbeiter des Deutschen Druckers und von Stuttgart Live fabriziert hatte. Noch ein, zwei Fragen zu den Artikeln und dann hast du mich eingestellt. Einfach so. Diese Geschichte sagt beinahe alles über dich. Du hast keinen übermäßigen Wert auf Äußerlichkeiten gelegt. Die Agentur war bescheiden, pragmatisch, überzeugend durch Leistung und nicht durch Lage, Immobilie und Designmöbel. Schwäbisch im besten Sinne. Du warst immer offen für neue Technologien. Und wenn Bildschirmtext das nächste heiße Ding war, das man dringend haben musste, dann hattest du das. Als Erster. Und hast es als Erster auch wieder fallen lassen, wenn nichts dran war.
Wichtig waren dir immer die Menschen. Für die hattest du ein ungeheures Gespür. Was dich nicht daran hinderte, auch mal in der Einschätzung vollkommen danebenzuliegen. Du hast dein Leben lang nicht damit aufgehört, zu lernen und dich weiterzuentwickeln. Und das war auch das, was du von deiner Agentur und den Menschen verlangt hast: stetige Offenheit für Neues und den Ehrgeiz, sich weiterzuentwickeln. Du hast mich machen lassen, alleine, und hast die Folgen ausgehalten. Du hast meine Anfängerfehler hingenommen.
Und mir den Rücken gestärkt. Du hast mir nach wenigen Jahren einen Platz im Führungsteam der Agentur angeboten. Und du hast mich meinen Weg gehen lassen. In aller Konsequenz. Das Wasser war kalt, ich bin gesprungen und habe zu schwimmen gelernt. Auf meine Art. Das ist das Großartigste, was man über seinen Chef und späteren Partner sagen kann.
Du konntest dir nie vorstellen, ohne deine Agentur zu leben. Und leider ist das auch irgendwie wahr geworden. Du hast uns verlassen, bevor du in diese Situation kommen konntest. Du kannst dir wahrscheinlich nicht vorstellen, wie oft ich in den vergangenen Jahren an dich gedacht habe. Wie oft ich mich gefragt habe, was hätte der Franz jetzt gemacht? Wie oft du mir gefehlt hast. Der Austausch mit dir auf den langen Autofahrten. Ich weiß, dass du oft völlig anderer Meinung warst als ich. Dass du an mir gezweifelt hast.
Aber über all die Jahre hast du mich immer dein Vertrauen und deine Großzügigkeit spüren lassen.
Ohne Wenn und Aber. So warst du, ein Menschenfreund. Ich bin dir unendlich dankbar.