Viele schauen auf generative KI mit einer Mischung aus Faszination, Grusel und Furcht. Ich bin im Hinblick auf KI in der B2B-Werbung aber vor allem eins: aufgeregt wie ein Kind vor der Bescherung. Denn wenn es so läuft, wie ich denke, wird B2B-Werbung in naher Zukunft richtig Rakete. Eine sehr persönliche Reise durch Star Trek, Doom und warum uns all das für die Zukunft der B2B-Werbung fröhlich stimmen darf.
Ich bin ein Kind der NCC-1701-D. Ein nicht geringer Teil meiner Zukunftszugewandtheit und Technologiebegeisterung hat mit der USS Enterprise der Galaxy-Klasse und der Crew rund um Captain Picard zu tun. Star Trek: The Next Generation hat mir gezeigt, dass fantastische Technologie zu einer Gesellschaft führen kann, die praktisch frei von allem Unbill ist.
Und es hat mir gezeigt, wie mächtig Sprache sein kann. Denn praktisch alles auf der NCC-1701-D konnte per Sprache gesteuert und sogar erschaffen werden. Ob Earl Grey, heiß im Replikator oder das London des 19. Jahrhunderts im Holodeck – jeder konnte die unglaublichsten Dinge erschaffen, indem er sie sich einfach vom Computer gewünscht hat.
Genau das ist es, worüber ich mich freue, wenn ich heute generative KI benutze. Dass meine Ideen, meine Wünsche wahr werden und ich mich dabei ein bisschen so fühle, als sei ich auf der Enterprise. Noch in einem sehr begrenzten Rahmen, aber dieser Rahmen wird wachsen. Und vieles von dem, was kommt, kann großartig werden. Auch und gerade für meinen Beruf.
Generative Video-KI wie Runway erzeugt im Moment noch sehr kurze Sequenzen und immer wieder auftretende Glitches mit Albtraumpotenzial, insbesondere, wenn die Szenen komplexer sind. Wer jemals „People dancing and drinking at a party“ gepromptet hat, weiß, wovon ich rede. Aber bei allen Fehlern, die uns heute noch lachen lassen – zwischendurch blitzt durch, welch enormes Potenzial diese Modelle haben. Wenn ein Drohnenflug durch einen Eistunnel, der auf der Oberfläche eines Vulkans im Weltraum endet, erzeugt wird, dann ist das magisch.
Natürlich ist so was heute bereits möglich. Aber es macht eben doch einen Unterschied, ob dafür eine Person zehn Minuten mit prompten beschäftigt ist, oder diverse VFX-Artists zwei Wochen lang ausgelastet sind.
Ich habe vor vielen Jahren eine Szene in einem Storyboard gehabt, bei der es einen spektakulären Kameraflug aus dem Fenster eines Wolkenkratzers hinab auf das Display eines Smartphones geben sollte. Bei der Vorbesprechung mit der Filmproduktion stellte sich aber heraus, dass allein diese Szene mehr gekostet hätte, als wir überhaupt an Budget hatten. Heute wäre diese Szene zum Preis eines Mittagessens zu realisieren.
Durchschnittlich 92.000 € geben B2B-Unternehmen in Deutschland pro Jahr für Kreation und Content aus. Für alles, nicht für eine einzelne Maßnahme. Bei den heutigen Voraussetzungen also kein Wunder, dass visuelle Qualität bei B2B-Werbung in der Breite oft hintenüberfällt. Wenn mangels Budgets immer nur Stockmaterial möglich ist, dann geht auch nur Stock-Look und – noch schlimmer – nur Stock-Ideen.
Diese „logische“ Konsequenz löst sich gerade langsam, aber sicher in Luft auf. Schon sehr bald werden B2B-Kreative in der Lage sein die fantastischen Produkte für die sie arbeiten, auch fantastisch zu inszenieren. In einer Weise, die heutigen Kinoproduktionen in kaum etwas nachstehen wird.
Einfach nur, weil sich fantasiebegabte Menschen etwas von einem Computer wünschen werden. B2B-Werbung, heiß.
Was für Videos gilt, gilt für Fotos und Illustrationen natürlich auch. Hier ist die Technologie sogar schon viel weiter. Endlich können wir Bilder erzeugen, die zur Idee passen. Nicht Ideen, die zu Stock-Fotos passen. Ein Bergsteiger, der im Himalaja Cello spielt? Klar, kein Problem. Eine Frau, die auf dem Rücken eines Buckelwals über den tobenden Atlantik surft? Wird gemacht. Ohne Flug auf die Azoren, ohne Model mit Spezialfähigkeiten, ohne Tiertrainer, ohne Boot, ohne Crew, ohne Hotel, ohne horrende Kosten. Bislang waren ungeklärte Urheberrechtsfragen hier noch ein Hemmschuh, aber mittlerweile gibt es Anbieter, die das Rechtsrisiko eliminieren und deren Modelle gute Bilder erzeugen können. Und auch hier gilt: Das wird alles noch viel besser.
B2B-Marken mit ihren, im Vergleich zu B2C-Marken, geringen Budgets werden in meinen Augen die größten Gewinner dieser Entwicklung sein. Nicht nur wird sich ihr Erscheinungsbild massiv verbessern, sie werden auch in der Lage sein, Werbung zu produzieren, die auf besseren Ideen basiert. Die Vielfalt hochkarätiger, mitreißender, cooler Ideen, die wir im B2B-Bereich sehen werden, wird stark steigen. Wenn Produktionskosten kein Hindernis mehr sind, kann man auch das Einzigartige, das Besondere machen.
Apropos einzigartig: Vor kurzem hat ein Forscher-Team von Google Videos des Shooterklassikers Doom veröffentlicht. Das Besondere daran, war, dass dieses Doom von einer KI erzeugt wurde. Und zwar live. Während also Doom gespielt wurde, hat die KI Doom erst „programmiert“.
Diese Entwicklung ist fantastisch! Man stelle sich Produktvideos vor, die sich live auf den Nutzer anpassen. Websites, die dynamisch für jeden Besucher erzeugt werden. Virtuelle Messestände, die nicht mehr langwierig gebaut, sondern live erzeugt werden. Solche und noch ganz andere aufregende Dinge werden in wenigen Jahren ganz einfach realisierbar sein. Zu geringen Kosten. Also auch für Marken mit 92.000 € Durchschnittsbudget.
Das wird nicht nur die Art und Weise, wie wir Werbung erstellen, grundlegend verändern, sondern auch die gesamte Beziehung zwischen Marken und ihren Zielgruppen neu definieren. Die B2B-Werbung wird nicht mehr nur auf statischen Inhalten basieren, die für alle Nutzer gleich sind, sondern auch dynamische, maßgeschneiderte Erlebnisse bieten, die in Echtzeit entstehen und dabei Hunderte Parameter berücksichtigen. Die Technologie erlaubt es uns, Menschen in ihrer einzigartigen Bedürfniswelt abzuholen.
Was ich in den kommenden Jahren erwarte, ist nicht weniger als eine Revolution im kreativen Schaffen für die B2B-Werbung. Die Barrieren, die bislang durch Budgets und Ressourcen gegeben waren, schwinden. Kleine Teams können Großes leisten. Was zählt, sind nicht mehr riesige Marketingbudgets, sondern der Mut, visionär zu sein und technologische Chancen zu ergreifen.
KI wird Kreative nicht ersetzen, sondern sie stärken und ihre Rolle verändern. Denn die besten Ergebnisse werden nicht durch die Maschine alleine entstehen, sondern durch die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine – als Vordenker und Vorfühler. Jeder Kreative wird ein Creative Director sein – für KI.
In der nahen Zukunft wird es nicht mehr darum gehen, ob die Umsetzung einer Idee bezahlbar ist, sondern nur noch, ob sie gut ist. Wer es versteht, KI als Werkzeug zu nutzen, wird das neue Zeitalter der B2B-Werbung prägen. Und ich bin mir sicher: Es wird groß, bunt und unglaublich spannend.
Wir sind an der Schwelle zum Zeitalter der Ideen. Unendliche Weiten warten darauf, von uns entdeckt zu werden. Energie!