Nach einem intensiven, zweitägigen Shooting für das Bayrische Staatsministerium spricht Manuel Übler mit uns über seinen Weg in der Fotografie, über aktuelle Trends im Employer Branding und die speziellen Herausforderungen bei B2B-Projekten sowie den Umgang mit generativer Bild-KI.
Mit 14 Jahren kaufte Manuel Übler seine erste Nikon-Spiegelreflexkamera, ihn faszinierte die Mechanik und das Zusammenspiel der Linsen. Die Leidenschaft fürs Fotografieren entwickelte sich jedoch erst nach dem Abitur während seiner Fotografenlehre. Nach der abgeschlossenen Berufsausbildung sammelte er als Schwarzweiß-Laborant in München und als Kameraassistent beim Bayerischen Fernsehen wertvolle Erfahrungen, ehe es ihn für ein Jahr als freiberuflicher Fotoassistent nach New York zog. Durch eine weitere Ausbildung zum Mediengestalter in der Druckvorstufe hielt er den aufkommenden Entwicklungen der Digitalisierung Schritt und vertiefte seine Kenntnisse. Nach weiteren Jahren unterschiedler Berufserfahrungen machte er seinen Meister in Fotografie und sich anschießend selbstständig.
Hey Manuel, auf deiner Webseite steht groß geschrieben: “Ich fotografiere Werbung, Unternehmen und Menschen.” Direkt mal die Frage: Was davon denn am liebsten?
Am liebsten eine Kombination aus allen dreien tatsächlich. Werbung hat für mich einen höheren visuellen Anspruch als bspw. eine reine Dokumentationsfotografie oder eine reine Corporate Fotografie. Für mich ist Werbung eben ein bisschen mehr. Vor allem wenn dann noch Menschen mit dabei sind. Das finde ich wichtig, denn nur so kannst du Emotionen transportieren damit sich der Betrachter auch irgendwie aufgeholt fühlt. Ja, ich denke, die Kombi aus allem ist eigentlich das, was ich gerne mache.
Viele deiner Fotografien haben einen klaren B2B Bezug. Gibt es von deiner Seite einen besonderen Reiz, den die B2B Fotografie für dich ausmacht? Auch im Vergleich zu B2C Projekten?
Da muss ich jetzt überlegen. In erster Linie, denke ich, geht es mir schon um eine optimale und authentische Unternehmensdarstellung. So „high-end“ wie möglich. Und da spielt es eigentlich für mich nicht wirklich eine Rolle, ob ich das für B2B oder B2C mache. Dementsprechend habe ich da jetzt auch keine spezielle Herangehensweise. Was durchaus anders sein kann, ist der Look der Bilder, sprich das ganze digital Processing. Ich habe den Eindruck, dass im B2B-Bereich oftmals eine understatement Bildsprache mehr gefragt ist. Die Farben sind eher originalgetreuer und der Stil „normaler“. Da kannst du im B2C-Sektor im Vergleich deutlich mehr „punky und funky“ sein und bisschen mehr an den Farben und der „Lautstärke“ drehen. Aber natürlich ist das immer von Projekt zu Projekt, von Kunde zu Kunde unterschiedlich ist.
Ich habe den Eindruck, dass im B2B-Bereich oftmals eine understatement Bildsprache mehr gefragt ist.
Also sind B2B-Kunden in ihrem Einsatz von Bildmaterial eher bisschen bodenständiger, bisschen konservativer und weniger mutig im Vergleich zu B2C-Kunden?
Kann man so sagen. Es ist insgesamt oftmals weniger mutig und das vermisse ich teilweise auch. Denn wie bringst du sonst deine Kunden, Lieferanten, Abnehmer oder auch zukünftige Mitarbeiter dazu, sich für dich zu entscheiden? Zum Vergleich: Mein Vater war so ein typischer Außendienstler, der für seine Firma Produkte in Italien und Spanien verkauft hat. Zu der Zeit hat man bei Produktpräsentation im Ausland teilweise noch mit Strichzeichnungen gearbeitet. Die Verkäufer, und auch die Käufer, waren sich einig, dass es keine Fotos braucht, weil es jeder, selbst der Ingenieur, auch mit einer Strichzeichnung versteht. Manchmal habe ich den Eindruck das diese veraltete Denkweise auch heute noch präsent ist. Ganz nach dem Motto, für was muss ich jetzt ein geiles Layout haben oder eine ansprechende Bildsprache, es ist ja eh „nur“ für den Kunden, und der versteht es auch so.
Also halten wir fest, eine spezielle Herangehensweise oder einen speziellen Blick auf die B2B-Ästhetik hast du bei deiner täglichen Arbeit nicht unbedingt. Kann man also sagen, deine B2B-Fotografien unterscheiden sich nicht wahnsinnig von deinen B2C-Projekten?
Ja. Ich glaub das liegt auch daran, dass ich meistens einen ganzen Bild Pool fotografiere. Wenn ich jetzt irgendwo Corporate fotografiere, dann wollen die Kunden meistens einen großen Bilderpool. Und da fotografiere ich Close-Ups, Totale, im Hochformat und Querformat und fotografiere dem Kunden so viel, dass sie bestenfalls Material haben, um die nächsten 2-3 Jahre beispielsweise ihre Print-Broschüren zu gestalten oder die Webseiten mit Content zu füttern. Ich glaube dadurch, dass ich oft Bildmaterial für so viel Einsatzzwecke generiere, ist es nicht so speziell in B2B oder B2C zu unterscheiden.
Haben die Kunden oder teilweise auch die Agenturen, mit denen die Kunden zusammenarbeiten, schon so genaue Vorstellungen von deiner Arbeit oder von dem Look der Bilder und geben dir genaue Vorgaben oder lassen sie dir als Fotograf eher freie Hand und sagen „mach mal“? Auch das Unterscheidet sich wahrscheinlich so ein bisschen von Kunde zu Kunde, oder?
Klar, das unterscheidet sich. Grundsätzlich denke ich, bin ich am besten im Arbeiten, wenn man mich von der Leine lässt. Natürlich gibt es aber auch Vorgaben, vor allem im B2B-Bereich. Neben den üblichen Sicherheitseinweisungen, inklusive Helm, Sicherheitsschuhen und Weste gibt es schon bemühte Menschen am Set, die sich im Vorfeld Gedanken gemacht haben und dir dann erzählen, wie sie sich die Ergebnisse vorgestellt haben. Mir persönlich ist es aber lieber, wenn ich ein Areal, beispielsweise eine Produktionshalle habe, wo ich mich mehr oder weniger frei bewegen kann. Dann kann ich schauen, was sich ergibt und was passiert und dann bekommen auch die Kunden meist das beste Material. Mit dem Look ist es wiederum so, dass viele Kunden mich ja speziell wegen meinem Bildstil buchen und das dann auch genauso möchten, weil ihnen zum Beispiel die Farben oder Perspektiven in mein Portfolio gefallen. Aber auch da gibt es Kunden, die finden das bisschen „too much“ und wollen mehr in die „gewohnte“, in die analoge Bildästhetik. Dann bekommt der Kunde das natürlich auch von mir, schließlich bin ich ja Dienstleister. Aber klar ist es immer so bisschen ein Spagat zwischen Dienstleister und Künstler und ein schmaler Grat. Wenn ich einen Auftrag als Künstler interpretiere, dann wird das Ergebnis außergewöhnlicher, dann entsteht vielleicht auch eine Bildsprache, die möglicherweise mehr polarisiert. Und gerade polarisieren möchten heutzutage die wenigsten, weil das eben zu viel Risiko darstellt. Dann geht man oftmals lieber den sicheren Weg, dem Mainstream entsprechend und schält einen Gang runter.
Und gerade polarisieren möchten heutzutage die wenigsten, weil das eben zu viel Risiko darstellt.
Und wie verhält sich das bei Employer Branding Projekten, die du ja auch viel fotografierst. Da sieht man oftmals diese klassischen Fotos von MitarbeiterInnen mit verschränkten Armen und mit Helm in einer Fabrikhalle oder eben im Anzug im Büro. Ich habe den Eindruck du interpretierst das in deinen Arbeiten bisschen moderner. Ist das auf dich zurückzuführen oder verändern sich die Anforderungen der Kunden dahingehend auch, dass sie sagen, sie wollen da bisschen wegkommen von diesem klassischen Employer Branding Bildern, die man überall sieht?
Grundsätzlich glaube ich, dass die veränderte Einstellung zur Work-Life Balance der Arbeitnehmer so präsent wird, dass sich die Unternehmen da auch einfach irgendwie ein bisschen anpassen müssen und diese entstandenen Benefiz auch irgendwo kommunizieren müssen, um in Zukunft Fachpersonal zu gewinnen. Da entsteht automatisch ein lockerer Bildstil wenn man zum Beispiel eine Gruppe am Tischkicker oder im coolen Aufenthaltsraum fotografiert. Da hat sich schon viel getan. Diese Mitarbeiterräume im Kellerstübchen sind den „geilen“ Terrassen mit Teich gewichen. Das gibt natürlich schon was her und sieht nach Lebensqualität aus, auch auf Bildern.
Ich meine, da gibt es wahrscheinlich auch große Unterschiede zwischen den Personen, die dann letztendlich vor der Kamera stehen, oder? Wie sie mit dir interagieren und wie wohl sie sich vor der Kamera fühlen. Werden bei Employer Branding Projekten deshalb öfters professionelle Models gebucht oder guckt man schon, dass es authentisch echte MitarbeiterInnen des Unternehmens sind?
Das sind zu 98% Originalmenschen. Wobei ich das Gefühl habe, das ist oft mehr ein Kostenfaktor wie ein Stilfaktor. Am Ende ist es auch immer die Frage, was willst du eigentlich über den Betrieb kommunizieren? Willst du als Unternehmen sagen, wir sind hier international offen für sämtliche Ethnien und Geschlechter, wir sind integrativ und inklusiv, hier können Leute vielfältige Menschen arbeiten, dann musst du das am besten auch authentisch auf Bilder zeigen. Dann bietet sich das schon an, mit „originalen“ Menschen zu machen. Aber es gibt natürlich auch Bereiche, die von einem bestimmten Livestyle leben. Da kann es dann schon Sinn machen, ein Model dafür zu buchen, weil oftmals einfach attraktivere Ergebnisse entstehen. Ist aber auch immer eine Frage des Geldes, der Position und letztendlich auch des Kanals bzw. des Einsatzgebiets der Bilder.
Siehst du da einen Unterschied? Also ob man da jetzt bspw. einen Maschinenbauer in seinem „natürlichen“ Umfeld fotografiert oder eben ein CEO. Merkt man da in der Selbstdarstellung irgendwie einen Unterschied. Mit wem ist es vor der Kamera einfacher?
Es ist in der Regel so, dass ein CEO natürlich gewohnt ist, vor vielen Menschen zu sprechen oder mal irgendwie eine Konferenz zu eröffnen. Da ist von berufswegen oftmals eine höhere Medienpräsenz da, das merkt man dann auch schon vor der Kamera. Sie sind da routinierter und dadurch weniger nervös und angespannt als jetzt bspw. ein Fließbandarbeiter. Aber ich glaube, dass das mit der Authentizität und der Präsenz nichts zu tun hat. Am Ende sind ja auch Menschen in der Fertigung oder am Fließband emotional authentisch. Und wenn ich sie dann fotografiere, wie sie sind, dann kann das Bild auch Kraft entwickeln. Wenn du authentisch in dem Moment bist, dann spürt man das auch.
Da hat sich schon viel getan. Die Mitarbeiterräume im Kellerstübchen sind den „geilen“ Terrassen mit Teich gewichen.
Wenn man so über diese People Fotografie spricht, speziell beim Employer Branding, siehst du da aktuelle Trends oder Entwicklungen für die Zukunft? Du hattest angesprochen, dass es bisschen lockerer zu werden scheint, auch weil man bestimmte Benefiz in den Bildern transportieren möchte.
Ja, und es könnte aus meiner Perspektive noch lockerer werden, vor allem im B2B, da ist der Look oftmals einfach noch sehr konservativ. Da hinken die Unternehmen etwas hinterher, weshalb ich glaube, dass das zeitverzögert im B2B auch ankommt und die Bildsprache dann auch moderner und gewagter wird. Irgendwas müssen sich die Firmen schließlich einfallen lassen, um sich von der Konkurrenz bzw. von Mitbewerbern um die wenigen Fachkräfte abzusetzen. Und das geht dann natürlich mit einer attraktiven und coolen Darstellung des Unternehmens bspw. auf einer Website oder in Social Media. Der Arbeitsmarkt fordert das auch heutzutage ein und die Menschen suchen gezielt nach Arbeit, die sie erfüllt und die Laune macht und auch ein entsprechendes Umfeld bietet. Das wird immer wichtiger, das sehe ich ja auch an meinen Kindern. Als meine Generation noch vor der Frage stand, „wo arbeite ich?“, war das noch eine andere Zeit, da musste man nicht selten einfach auch die Zähne zusammenbeißen. Ich persönlich finde das cool, dass da jetzt so eine Generation kommt, die ehrlich sagt: „ich bin ja nicht nur zum Arbeiten da, sondern ich bin auch zum Leben da. Und gerne teile ich meine Lebenszeit mit dir als Arbeitgeber, aber dann muss es eben fair sein.“ Ich habe schon den Eindruck, dass genau das in den moderneren Employer Branding Projekten in der Bildsprache mitschwingen soll, dieser Wohlfühlfaktor oder wie man es nennen mag. Aber das könnte und sollte man echt noch cooler machen, aber das ist halt wieder die Frage wie mutig zeigen sich die Unternehmen.
Ist das auch so bisschen dein Wunsch bzw. dein Appell an die Branche? Seid mutiger und aufgeschlossener und zeigt das im Employer Branding.
Kann man schon so sagen. Ich wünsche mir einfach, dass die Verantwortlichen im Inhouse-Marketing oder in den Agenturen diese Angst ablegen können, mal eine falsche Entscheidung zu treffen. Und dann setzt man vielleicht mal ein Projekt um das nicht bei allen gut ankommt, aber die anderen finden es vielleicht super. Allen recht machen kann man es ohnehin nicht. Heutzutage dominieren die Negativen und bestimmen die Themen, weil diejenigen die was gut finden zu leise sind. Das sorgt natürlich für eine gewisse Vorsicht bei den Verantwortlichen, weil du direkt einen Shitstorm auslöst oder negative Resonanz bekommst. Ich finde die Werbewelt braucht mehr Mut, um diese Angst und Vorsicht abzuschütteln und dann werden die Projekte automatisch auch wieder gewagter und experimentierfreudiger. Ich würde begrüßen, wenn man etwas spielerischer an die Sache herangeht und nicht so verkopft. Und dann geht vielleicht auch mal ein Projekt in die Hose, aber daraus lernt man für das nächste Mal. Schließlich gehört auch Scheitern zu einem kreativen Prozess dazu, das ist ganz normal und nur so kommst du weiter und entwickelst dich. Ich bin der Meinung das man auch viel offener mit vermeintlichen Fehlern umgehen und sie auch als Chance begreifen sollte. Ansonsten bleibst du auf dem braven Pfad und wiegst dich in Sicherheit, aber dann bist du halt auch irgendwie langweilig. Die vermeintliche Messbarkeit der Kampagnen und Angst vor Konsequenzen führt dazu, dass viele mutige Ideen und Witz im Verborgenen schlummern.
Den Eindruck teile ich. Oftmals entscheidet man sich dann für den sicheren und soliden Weg und für eine Lösung, bei der man „in nichts reinkommt“. Aber so kommt man dann auch nicht weiter.
Ja und ich meine am Ende ist doch Werbung dafür da, dass man darüber redet. Da ist es vielleicht erstmal zweitrangig aus welchen Gründen. Meiner Meinung nach.
Es könnte aus meiner Perspektive noch lockerer werden, vor allem im B2B, da ist der Look oftmals einfach noch sehr konservativ.
Die generative KI ist in aller Munde und das Thema fast schon allgegenwärtig. Keiner weiß so richtig, wohin das noch führt und wie mit diesen neuen Möglichkeiten umzugehen ist. Begleitet dich das Thema bei deiner täglichen Arbeit als Fotograf? Wenn ja, wie?
Also ich bin der KI gegenüber sehr ambivalent eingestellt. Zum einen ist es ja momentan so, dass es keine rechtliche Grundlage für die Verwendung der Bilder gibt. Im Hinblick darauf finde ich es eigentlich Wahnsinn wie sorglos die Menschen damit umgehen. Wenn man das privat als Hobby macht, ist das ein anderes Ding. Aber wie manche Agenturen ihren Kunden KI generierte Bilder verkaufen, ohne vorab die Verwendungsrechte oder Urheberrechte zu klären, finde ich das zum Teil schon Kamikaze.
Zudem bin ich mir sicher, dass die Anbieter der KI-Anwendungen das vorerst nur vorübergehend kostenlos zu Verfügung stellen um dann, wenn sich alle dran gewöhnt haben, teure Preise für die Bereitstellung der Programme zu verlangen. Und dann ist es am Ende wie beim CGI (Computer generated imaging), unterm Strich ist das auch nicht billiger, als wenn du es analog bzw. digital fotografieren würdest. Und da hieß es damals auch, dass die Fotografie im herkömmlichen Sinn sterben würde, weil man nun alles mit dem Computer machen kann. Da hieß es dann bspw. für eine Hamburger brauch ich keinen Food-Stylisten mehr, sondern den programmiere ich. Ein paar Jahre später zeigt sich halt doch, dass bei CGI einiges verloren geht, und dasselbe wird glaub ich bei KI-generierten Bildern auch fehlen.
Aber klar, am Ende kommt es natürlich immer ganz drauf an, wofür du die Bilder verwendest. Und es wird mit Sicherheit viele Bereiche geben, wo KI-Bilder sehr viel und gut eingesetzt werden können. Aber genauso gibt es Bereiche, wo KI-Bilder an ihre Grenzen kommen. Ich bemühe mich seit 30 Jahren in denen ich als Fotograf arbeite, eine gewisse Authentizität in meinen Bildern zu erfassen, Emotionen in Gesichtern zu treffen und ihnen dadurch einen bestimmten Stil zu verleihen. Und ich glaube, das kann die KI nicht.
Natürlich kann man das jetzt bei der unglaublichen Geschwindigkeit der Entwicklung schwer vorhersagen, aber glaubst du das wird sich in den nächsten Jahren noch ändern.
Wie du sagst, das lässt sich schwer vorhersagen. Fakt ist, die Industrie 4.0, die Digitalisierung und sonstige Entwicklungen werden Dinge nachhaltig verändern. Viele Arbeitsplätze wird es in Zukunft in der Form von heute nicht mehr geben. Natürlich macht das was mit einem, klar. Entscheidend wird aber sein, wie wir das gesellschaftlich kompensieren. Spannend wird es allemal. Und am Ende muss alles seinen Weg, seine Nische finden. So wird es auch der Fotografie und meinem Handwerk gehen. Ich glaube, die Fotografie wird immer einen Platz und auch einen Markt haben. Vinyl-Schallplatten gibt es ja bspw. nach wie vor und erfreuen sich großer Beliebtheit. So wird alles eine Sparte haben, auch die KI-Designer und analogen Fotografen. Es wird also immer Einsatzbereiche für jeden geben, wenn er flexibel und weitsichtig einen Platz für sich findet.
Das stimmt. Gerade die analoge Fotografie ist ja wieder voll im Trend. Mal eine ganz andere Frage: Hast du, was das Fotografieren angeht, ein Vorbild oder jemanden zudem du aufschaust oder aufgeschaut hast?
Klar. Mein Großmeister ist Albert Watson. Ihn verehre ich sehr. Er hat wirklich tolle Sachen gemacht. Vor allem so in den 60er bzw. 70er Jahren, da war er wirklich Fotografie-Pionier.
Es wird also immer Einsatzbereiche für jeden geben, wenn er flexibel und weitsichtig einen Platz für sich findet.
Sie haben als Fotograf bereits schon einiges erlebt. Gibt's da irgendwas, was noch fehlt? Ein Ziel, ein Ort oder eine Person die sie unbedingt noch fotografieren möchten? Etwas, was sie nicht loslässt?
Das habe ich momentan tatsächlich nicht. Ich habe bereits viele meiner Ziele erreicht. Ich bin aktuell an einem Punkt, an dem gerade so die verschiedenen Fäden, die man über die Lebenszeit irgendwie parallel und schräg gezogen hat, zusammenlaufen. Und das fühlt sich sehr gut an. Es ist ein schöner Zustand, den ich sehr genieße. Was ich aber weiterhin gerne machen möchte, sind ganz nahe Porträts von coolen Menschen. Das finde ich ein zeitlos geiles Thema, dass mich nicht loslässt. Ich finde einfach Menschen in ihrer Einzigartigkeit schön und faszinierend. Außerdem lieb ich es mit der Kamera auf der Welt unterwegs zu sein, weil das Instrument auf der einen Seite so verbindend sein kann und auf der anderen Seite einen gewissen Schutz bietet. Ich macht mir wahnsinnig Spaß mit Menschen in Kontakt zu treten, auf eine Art und Weise, wie man es als Tourist nicht schafft.
Eine abschließende Frage: Gibt es ein fotografisches Projekt, dass dir nachhaltig im Kopf geblieben ist, von dem du immer wieder erzählst, weil es so spektakulär war oder aus welchem Grund auch immer.
Das gibt es. Hast du auf meiner Hompage die Sadhus, die heiligen Männer gesehen? Das wird glaube ich das fotografische Projekt sein, das wahrscheinlich die Zeit übersteht. Einzig und allein, weil das auf diese Art und Weise noch niemand vor mir gemacht hat, vor allem nicht in dieser Vielzahl. Ich bin zweimal dort hingeflogen und habe in Kathmandu in der Tempelanlage ein provisorisches Studio aufgebaut und habe dort über 80 dieser heiligen Männer porträtiert. Das muss erstmal jemand in dieser Form nachmachen. Es ist auf der einen Seite ein dokumentarisches und dennoch künstlerisches Projekt, die Balance ist mir sehr gut gelungen und wird nur schwer zu toppen sein.
Überhaupt, ein Blick auf deine Webseite oder deinen Instagram-Kanal lohnt sich und ist sehr zu empfehlen. Vielen Dank für das nette Gespräch und die zu Verfügung gestellten Bilder.
Sehr gerne.