Lieber Waldemar, wir hatten im ersten Gespräch die drei Säulen des H2H-Marketings herausgearbeitet. Erstens: Ich verlasse mich als Unternehmen auf meine Innovationskraft und versuche die noch stärker zu fördern. Zweitens: Ich steige ohne Umschweife auf Digitalisierung und Künstliche Intelligenz ein. Drittens: Ich erkenne, dass es den Menschen nicht um Produkte, sondern um Lösungen geht.
Genau.
Heute interessiert mich, welche Rolle die B2B-Marke darin spielt. Wie ist der neuste Kenntnisstand?
Der neuste Kenntnisstand beruht auf Einsichten, die Markenexperten und auch RTS Rieger Team schon länger hatten: Es gilt, den Schwerpunkt der Marketing-Aktivitäten auf die Marke zu legen. Und da haben wir eben nach wie vor ein riesiges Defizit. Weil die Marke immer mitgelaufen ist, aber eben nur selten eine wirkliche Strategie dahintersteckte. Die Marke war nirgendwo einsortiert. Selbst bei den berühmten 4P* war die Marke im Produkt P versteckt.
Die 4P des Marketing, auch als Marketing-Mix bekannt, sind ein zentrales Konzept im Marketing, das aus vier Hauptkomponenten besteht: Produkt, Preis, Platzierung und Promotion. Durch die richtige Kombination dieser vier Elemente kann ein Unternehmen seine Produkte effektiv vermarkten und sich im Wettbewerb erfolgreich positionieren. Besagt zumindest das Modell.
1. Das Produkt umfasst die Gestaltung und Entwicklung von Waren oder Dienstleistungen, die die Bedürfnisse und Wünsche der Zielkunden erfüllen. Aspekte wie Qualität, Design, Features, Markenname und Verpackung spielen hier eine entscheidende Rolle.
2. Beim Preis geht es um den Geldbetrag, den Kunden für ein Produkt zahlen müssen. Preisstrategien können stark variieren und umfassen Rabatte, Zahlungsbedingungen und Kreditbedingungen. Der Preis muss sowohl den Wert des Produkts widerspiegeln als auch wettbewerbsfähig sein.
3. Die Platzierung bezieht sich auf die Verteilung des Produkts und dessen Verfügbarkeit für den Kunden. Wichtige Faktoren sind die Wahl der Vertriebskanäle, Lagerhaltung, Transport und Standort der Verkaufsstellen, um sicherzustellen, dass das Produkt zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist.
4. Promotion umfasst alle Maßnahmen, die darauf abzielen, das Produkt bekannt zu machen und den Verkauf zu fördern. Dies beinhaltet Werbung, Verkaufsförderung, Öffentlichkeitsarbeit und persönlicher Verkauf. Das Ziel ist es, die Kunden über das Produkt zu informieren und sie zum Kauf zu motivieren.
Es gilt, den Schwerpunkt der Marketing-Aktivitäten auf die Marke zu legen.
Unter den heutigen Bedingungen ist das nicht die Lösung. Schon allein, weil viele B2B-Unternehmen tolle Produkte haben mit unterschiedlichen Produktnamen. Und dazu verschiedene Unternehmensbereiche. Im Fall von Dürr zum Beispiel die Lackieranlagen, die Endmontage, die Maschinen- und Robotertechnik. Da gibt es dann aber auch Homag, die Maschinen zur Fertigung von Möbeln und Bauelementen aus Holz herstellen. Also da wird dann schon klar, dass wir über mehrere Marken sprechen: Einmal die Produkte mit ihren Charakterisierungen und dann die Divisions oder gar das ganze Unternehmen. Und bei allen ist die Marke ein ganz wesentlicher Erfolgsfaktor. Und dieser Erfolgsfaktor war im 4P-Modell in den 60er Jahren gar nicht berücksichtigt und ist dann erst um die 2000er-Jahre in den Vordergrund gerückt. Heute kann man sagen, dass die B2B Unternehmen, die ihre Marken-Hinwendung professionell gemacht haben, die Unternehmen sind, die im Weltmarkt führend sind. Das sind Mittelständler, auch ein paar große deutsche Unternehmen gehören dazu, SAP, Siemens. Aber dann sind es eigentlich die ganz, ganz großen dieser Welt: Caterpillar, General Electric, Microsoft.
Und diese Unternehmen haben schon von Anfang an, spätestens seit den 90er Jahren, die Marke in den Vordergrund gestellt und die Brand in ihren Marketingmix integriert. Sie haben früh erkannt, dass ein Marketing-Mix ohne Marke nicht funktioniert. Da stellt sich gar nicht die Frage, ob zuerst das Produkt oder zuerst die Marke kommt. In deutschen Unternehmen ist immer zuerst das Produkt da, weil deutsche Unternehmen in der Regel von den technologischen Innovationen her denken und handeln. In amerikanischen Unternehmen ist immer zuerst die Marke da. Also wenn ich mir die Entwicklung von Apple oder Microsoft anschaue… Microsoft hat zum Beispiel Produkte nur wenn notwendig entwickelt, viele haben sie einfach zugekauft. Und ihre Vermarktungsstrategie war die Erfolgsmaschine. MS-DOS ist ein zugekauftes Produkt, das sie erfolgreich gemacht hat. Aber der wesentliche Punkt war damals: Wir sind Microsoft, wir sind dynamisch und wir bieten dir unsere Lösungen mit all unserem Wissen und Support an. Also da kam die Marke zuerst. Und dann das Produkt.
In amerikanischen Unternehmen ist immer zuerst die Marke da.
Eigentlich ist diese Reihenfolge nicht so wesentlich, wenn ein Unternehmen die Markenarbeit strategisch betreibt. Ich kann auch mit der Innovation, mit der Technologie beginnen und dann daraus meine Marke entwickeln. Entscheidend ist, dass ich die Marke für meine Kunden mache, dass sie bei den Kunden ankommt. Das Bewusstsein, dass die Marke nicht Eigentum des Unternehmens, sondern der Kunden ist. Die müssen wahrnehmen, dass es ihre Brand ist. Im Herzen der Kunden muss klar sein: Das ist die Maschine, die ich liebe.
Entscheidend ist, dass ich die Marke für meine Kunden mache, dass sie bei den Kunden ankommt. Das Bewusstsein, dass die Marke nicht Eigentum des Unternehmens, sondern der Kunden ist.
Was ja genau dem Lösungsdenken entspricht. Also ich biete meinen Kunden eine Marke an, die er an sich ranlässt, die er zu seiner Marke macht. Da spielt das Thema Relevanz eine entscheidende Rolle.
Genau, wir machen dir ein Angebot, das dir nützt, das dich besser macht. Noch besser: Wir setzen auf Co-Creation, also auf gemeinsam entwickelte Lösungen unter Einbeziehung des Wissens der Kunden. Daraus entsteht mehr Value. Dieses Co-Creation-Prinzip muss man kapiert haben. Früher hat man gedacht, dass mit dem Erwerb eines Produktes der Vernichtungsprozess beginnt. Es ist aber umgekehrt: Mit der Nutzung des Produkts, mit der Customer-Experience beginnt der Verbesserungs- und Weiterentwicklungsprozess.
Ein wirklich interessanter Aspekt für B2B-Unternehmen. Wir haben das in unserer Arbeit immer Bedeutung genannt. Also die Antwort auf die Fragen: Welche Rolle spiele ich im Leben meiner Kunden? Welche Bedeutung habe ich für sie? Wenn ich diese Fragen beantworten kann, dann habe ich nicht nur meine Markenpositionierung, sondern auch meinen Purpose, mein Why. Glaubst du eigentlich an so etwas wie Purpose? Wie beurteilt ihr das aus wissenschaftlicher Sicht?
Klar ist: Jedes Unternehmen, das Purpose-getrieben ist, hat völlig andere Kommunikations- oder Interaktionsmöglichkeiten mit den Menschen als die anderen Unternehmen.
Gibt es Studien dazu, Daten, ob diese Unternehmen dann tatsächlich auch wirtschaftlich erfolgreicher sind als andere?
Gute Frage, das muss ich bei Gelegenheit mal nachschauen. Denn die Diskussion existiert ja erst seit relativ kurzer Zeit. David Aaker hat ja ein Buch zum Purpose Branding geschrieben, mit dem kann ich mal reden, was er dazu meint.
Früher hat man gedacht, dass mit dem Erwerb eines Produktes der Vernichtungsprozess beginnt. Es ist aber umgekehrt.
Das wäre wirklich cool. Wir nehmen nach wie vor wahr, dass das Why dem deutschen Ingenieur suspekt ist.
Schwerfällt, eher schwerfällt. Mein Eindruck ist, dass der deutsche Ingenieur schon immer ein Why hat. Wenn ich in die Geschichte gehe, dann haben die deutschen Ingenieursleistungen immer die Basis für entscheidende Entwicklungen des Landes gebildet. Es galt, das Land nach vorne zu bringen. Das ist der Sinn dessen, was diese Menschen tun. Deshalb kann ein Ingenieur oft mit dem Why aus Sicht des Kunden nicht so viel anfangen. Er geht davon aus, dass der Kunde dasselbe denkt wie er.
Mein Eindruck ist, dass der deutsche Ingenieur schon immer ein Why hat.
Du meinst sein Antrieb, das Land nach vorne zu bringen, Wohlstand für alle zu schaffen, ist so stark, dass jedes andere Why für ihn eher ein Rückschritt ist?
Genau. Das ist ganz ähnlich in Japan. Japan hat eine ähnliche Ausrichtung. Die Gründe, warum sie und wir so hart arbeiten, sind praktisch dieselben. Deswegen kann der deutsche Ingenieur mit einem amerikanischen Why eigentlich gar nichts anfangen. Der fragt sich dann immer, was die von ihm wollen, weil er ja sowieso aus einem größeren Antrieb heraus handelt. Aber wir leben halt in der globalisierten Welt und da sind die Dynamiken anders. Deshalb müssen sich die deutschen Ingenieure schon auf das Why der Welt einstellen. Und das ist für sie nicht ganz so einfach.
Ok, halten wir fest: Purpose ist wichtig, ist essenziell. Und wir bleiben dran. Zurück zu den B2B-Marken. Du hast mir gerade erzählt, dass du dein Buch zum B2B-Brandmanagement überarbeitest und gerade noch beim ersten Kapitel bist. Könntest du uns da ein bisschen was erzählen? Also was da auf uns zukommt, welche neuen Erkenntnisse es gibt und was du Interessantes festgestellt hast?
Ich hänge gerade an einem Thema, das ich noch nicht abschließend beantworten kann. Vielleicht können wir das gemeinsam herausarbeiten. Ich sehe einfach, dass die Consumer-Brands in ihren Markenbewertungen extrem nach oben gehen. Ich sehe mir die verschiedenen Messmethoden zum Markenwert an und alle zeigen den selben Trend. In den Rankings von Interbrand, Brand Finance und BrandZ finden sich natürlich auch B2B-Marken. Aber die siechen so vor sich hin. Es gibt tatsächlich ein paar Abstürze, etwa General Electric oder HP. Und die anderen hängen seit Jahren auf dem Niveau von ca. zwei, fünf oder zehn Milliarden US Dollar. Zur Orientierung: Amazon wird in 2023 mit 277 Milliarden US Dollar Markenwert bewertet. Da sind mittlerweile Größenunterschiede existent, die man sich früher nie vorstellen konnte. Und jetzt kommt noch ein neues Phänomen hinzu: Diese Brands gehen quasi über Nacht durch die Decke. Wir beobachten Geschwindigkeiten und Entwicklungen in der Markenbewertung, wie man sie bisher noch nie gesehen hat. Natürlich muss man dann auch die Methodiken hinterfragen, ist zum Beispiel bei Interbrand der Einfluß des Stock Markets zu hoch? Sind viele dieser Marken sowieso nur Finance-driven? Oder passt die Methode von BrandZ überhaupt für B2B-Unternehmen? Aber die Frage zum Phänomen bleibt: Warum verlieren die B2B-Marken in der Markenbewertung im Vergleich zu den B2C-Marken immer schneller an Bedeutung?
Ich sehe einfach, dass die Consumer-Brands in ihren Markenbewertungen extrem nach oben gehen.
Da geht also eine Schere auf: die B2B-Marken bleiben gleich und die B2C-Marken gehen durch die Decke?
Explodieren. Allerdings haben wir eine Reihe von Unternehmen, wie zum Beispiel Google oder Intel, die im Kern B2B-Unternehmen sind, aber den Kontakt zum Endkunden entweder schon haben, wie Google, oder zunehmend suchen, wie Intel. Für mich zeigt sich hier, also bei den jüngsten Entwicklungen der Markenbewertungen, dass das H2H-Marketing auch bei reinen B2B-Companies zum Erfolg führen würde. Dafür spricht auch der bereits erwähnte Fall Siemens. Siemens war ein Unternehmen, das direkten Endkundenkontakt hatte. Im Mobilfunk, bei den Haushaltsgeräten war Siemens direkt mit den Endkunden in Verbindung. Interessanterweise haben sie diese Unternehmensbereiche alle abgestoßen und sich auf ein lupenreines B2B-Unternehmen reduziert. Und diese Strategie haben neben Siemens noch einige andere Unternehmen verfolgt, wie zum Beispiel Dupont. Die Frage, die mich zusätzlich momentan beschäftigt, lautet: Läuft hier eine Art Zuspitzung ab? Bekommen wir eine stärkere Teilung, eine deutlichere Trennung zwischen B2B und B2C? Soweit die Statistik. Und jetzt frage ich dich: ist das die Realität? Ich sehe zunächst nur Zahlen und nicht, was tatsächlich innerhalb der Unternehmen passiert. Natürlich gibt es immer wieder Grenzfälle, also die erwähnten Bosch Siemens Haushaltsgeräte oder Metabo, die den Kundenkontakt brauchen und sich eigentlich anders aufstellen müssten als ein klassisches B2B-Unternehmen. Ich erlebe das gerade als eine Art Zwischenphase, in der sich zahlreiche B2B-Unternehmen wieder mehr auf das B, wie Business konzentrieren und weniger auf das H, wie „Human“. Ich vermute, weil es für sie so schwierig ist, die Voraussetzungen für ein echtes H2H-Marketing im eigenen Betrieb zu schaffen.
Für mich zeigt sich hier, also bei den jüngsten Entwicklungen der Markenbewertungen, dass das H2H-Marketing auch bei reinen B2B-Companies zum Erfolg führen würde.
Ich muss dir gestehen, dass ich spontan auch keine schlüssige Antwort parat habe. Vielleicht muss man hier auch unterscheiden. Ein Unternehmen wie Siemens hat schlicht schon rein finanziell das Potenzial, solche Prozesse zu bewerkstelligen. Und sich in aller Konsequenz als H2H-Marke aufzustellen. Die tun sich, was die Voraussetzungen angeht, einfach leichter, wenn sie die Menschen hinter sich bringen. Metabo kenne ich zufällig ziemlich gut, weil ich mehr als zehn Jahre lang für sie arbeiten durfte. Für mich war Metabo immer das Paradebeispiel einer Marke, die tatsächlich zwischen allen Stühlen sitzt. Zu klein, um wirklich mit den ganz Großen mithalten zu können, zu groß, um sich in irgendwelche Nischen zurückziehen zu können. Zu B2C, um nur B2B sein zu können. Zu B2B, um nur B2C sein zu können. Und 2003 ist Metabo mit der Frage an uns herangetreten, ob sie eine B2B- oder eine B2C-Marke sein sollen. Wir haben ihnen geraten, dass sie eine B2B-Marke sein sollen, die sich aber anfühlt, wie eine B2C-Marke.
Was ja eigentlich der H2H-Ansatz ist.
Da kannst du mal sehen … für uns war klar, dass die Kernzielgruppe von Metabo die Handwerker sind. Und wir wollten, dass sie die Lieblingsmarke der Handwerker werden. Und weil alle Heimwerker ambitioniert sind und sich an den Profis orientieren, schafft eine Marke wie Metabo auf diese Art den Spagat zum Endkunden. Dazu haben wir geraten, erfolgreiche Konkurrenten zu studieren und von ihnen zu lernen. Also von Hilti, die ihren Handwerkern komplette Rundum-Sorglos-Pakete für ganz bestimmte Anwendungen anbieten. Hilti hatte ja schon damals erkannt, dass sie keine Bohrmaschinen, sondern Löcher in der Wand verkaufen. Und so zu denken, da tun sich B2B-Unternehmen traditionsgemäß schwer. Anstatt so etwas zu wagen, ziehen sie sich lieber auf ihr sicheres B2B-Terrain zurück. Dann stärkt man den eigenen Vertrieb mit einer attraktiven Sales-Aktion, lobt Sonderrabatte und erhöhte Provisionen aus. Am besten noch verbunden mit Incentives. Das kostet zwar Geld, funktioniert aber immer. Dagegen diesen konsequenten Schritt zu gehen, da scheuen sich viele, weil es auch ein Schritt ins Unbekannte ist. Das ist nachvollziehbar, bei der hohen Verantwortung, die die Entscheider tragen.
Wenn ich jetzt aber nach China schaue, dann geht es dort ganz anders ab. Ein Unternehmen wie TTI rollt hier den gesamten Elektrowerkzeugmarkt auf. Übrigens der Gründer ist ein Deutscher, ehemaliger VW-Mitarbeiter, der die Firma 1985 in Hongkong gemeinsam mit einem Chinesen gegründet hat. Die haben begonnen mit aufladbaren Batterien, also Akkus. Im Laufe der Zeit haben die sich zahlreiche Elektrowerkzeug-Marken angeeignet: Milwaukee, Ryobi, AEG, etc.. Und mittlerweile stehen die Unternehmens Gruppe TTI mit diesen Marken bei circa 13 Milliarden Euro Umsatz. Bosch Powertools hat 5,6, Metabo nicht mal eine Milliarde Euro Umsatz in 2023.
Metabo gehörte zu der Hitachi-Gruppe, und hat jetzt einen internationalen Investor. TTI ist aber zweifellos die große Macht im Markt. Neben den eigenen Marken, produziert TTI für zahlreiche andere Unternehmen und Handelsmarken.
Sie hatten aber auch das Glück oder den Riecher, dass der Akku bei den handgeführten Elektrowerkzeugen zum entscheidenden Thema für die Handwerker wurde. Und das führt uns wieder direkt zu deinem H2H-Prinzip. Also immer dann, wenn Unternehmen begreifen, dass sie Lösungen verkaufen und das dann auch Ihren Kunden schmackhaft machen können, ist der wirtschaftliche Erfolg nicht aufzuhalten. Wir haben 2019 für Würth den ersten selbst entwickelten Akkuschrauber eingeführt. Würth hatte bis dato Bosch Produkte gelabelt. Das war allen Handwerkern bekannt. Insofern war es immer nur eine Frage des Preises oder der Verfügbarkeit. Damit war Würth nie wirklich zufrieden. Also haben sie ihr gesamtes Wissen genutzt, ein Produkt entwickelt und mit TTI produziert. Unsere Idee für die Markteinführung war einfach: Würth hat täglich zwischen 30.000 und 40.000 Kundenkontakten. Niemand weiß also besser, welchen Akkuschrauber die Handwerker brauchen. Und daraus ergab sich für unsere Kreativen die Zeile: Du musst ihn haben, denn du hast ihn gemacht. Das Produkt hat sich in der halben Zeit um das Doppelte gegenüber den ursprünglichen Planungen verkauft. Das lag vor allem daran, dass wir die Vertriebsorganisation von Würth begeistern konnten. Und der Vertrieb hatte ein weiteres Produkt im Portfolio, das den Markenkern von Würth erlebbar machte: Wir haben alles, was du für deinen Job brauchst. Und das ist schnell und einfach verfügbar. Du musst dich um nichts kümmern, du fährst zu deiner Baustelle und dort wartet bereits das ganze Material auf dich. Und wenn etwas fehlt, dann ist unsere nächstgelegene Niederlassung in ganz Deutschland nicht weiter als 20 Minuten von dir entfernt. Das perfekte Rundum-Sorglos Paket für alle Handwerker.
Die Marke Würth denkt einfach in diesen Gesamtlösungen. Dabei sind sie meines Erachtens nicht gerade vorbildlich, was die Pflege ihrer Marke angeht. Sonst hätten sie schon längst mal etwas über Ihren Antrieb, über ihren Purpose erzählt. Das tut eigentlich immer nur der Gründer selbst, wenn er erzählt. Ich finde einfach, die Marke hätte eine Imagekampagne verdient, mit der genau dieser Kern von Würth rüberkommt. Dass sie einfach erkannt haben, was die Zielgruppe von ihnen will, welche Bedeutung sie für die Handwerker haben. Und dass sie in der Lage sind, sich dem zu 100 Prozent zu widmen.
So, jetzt lege ich dir zum Ende unseres Interviews noch eine weitere Frage auf den Tisch.
Eigentlich stelle ich hier die Fragen, das ist dir schon klar, oder?
(lacht) Trotzdem: Welche Wettbewerber von Würth würdest du nennen?
Also da gibt es so ein paar, die meines Erachtens aber nicht wirklich mithalten können.
Doch, der auf den ich herauswill, der ist fünfmal so groß: Amazon Business.
Perfekt. Da reden wir beim nächsten Mal drüber.
Machen wir. Da haben wir nämlich wieder unser Thema: Der Marketing-getriebene, amerikanische Ansatz gegen den deutschen Engineering-Weg. Bis dahin!