Laut Statistik vertrauen 69 % der Verbraucher*innen den Empfehlungen von Influencer*innen mehr als traditionellen Werbeformen. Während das Vertrauen in TV, Magazin und Zeitung als Werbemittel schwindet, vertrauen 70 % der globalen Konsumierenden Online Bewertungen von Konsumierenden. Das entspricht einem Zuwachs von 15 % in den letzten vier Jahren. Das sind Zahlen, die den Influencer*innen dieser Welt absolut in die Karten spielen, wenn sie in der Lage sind, diese Beziehung zu der Zielgruppe aufzubauen und nahbar die Markenversprechen der Auftraggeber*innen zu transportieren.
Darum bedienen sich Unternehmen heute gerne bei Influencer*innen, um ihre Markenbotschaften authentischer zu kommunizieren. Lange war dies eher im B2C-Bereich der Fall, wo sich die einflussreichsten Social-Media-Influencer*innen mit ihren gigantischen Reichweiten tummeln.
Das Phänomen gibt es längst auch im B2B-Bereich – doch gibt es auch da Unterschiede. Im B2B-Bereich wird bei den Influencer*innen stärker auf ihre Expertise und Glaubwürdigkeit gesetzt, da die Zielgruppe dort bereits viel stärker mit den Inhalten vertraut ist – beziehungsweise diese sehr komplex sind. Wir reden hier also eher von Fachexpert*innen, Branchenkenner*innen oder Unternehmensführer*innen, die in die Rolle des Markenbotschafters schlüpfen. Gleichzeitig besitzt B2B-Influencer Marketing oft eine höhere Relevanz für die Zielgruppen, da hier oft unmittelbar Nutzen entstehen kann. Das Targeting ist – wenn gut gemacht – in der Regel feiner als im B2C-Bereich. So wird eine viel zielgerichtetere Ansprache von Zielgruppen möglich.
Eine häufig als Benchmark erwähnte Kampagne ist die von American Express in Zusammenarbeit mit einer bekannten Bloggerin aus dem Designbereich gelaunchte Kampagne „Love my Store“. Die Kampagne „Love my Store“ sollte kleinen Unternehmen und Einzelhändlern dabei helfen, neue Geschäftskunden zu gewinnen. Ziel war es, den Kunden zu vermitteln, dass man auch bei kleineren Unternehmen mit American Express zahlen kann. Dazu wurden 400.000 American Express Aufkleber verteilt und parallel gab Emily Henderson als bekannte Innenraum-Designerin Online-Tipps für die Raumgestaltung der kleineren Läden. Die Kampagne erzielte insgesamt fünf Millionen Aufrufe auf verschiedenen Social-Media-Plattformen. Abgerundet wurde die Kampagne durch einen „Love my Store“-Contest, bei dem die Teilnehmenden unter einem bestimmten Hashtag Bilder der angebrachten American Express Sticker in ihrem Store online hochladen konnten und so eine Chance auf 10.000 Dollar und ein neues Store-Design bekamen. Die Kampagne schlug zwei Fliegen mit einer Klappe: Die Ladenbesitzer bekamen Kunden – American Express wurde auch in der B2B-Welt bekannter – und erreichte darüber hinaus sogar weitere B2C-Kunden.
Besonders für den B2B-Bereich zu eignen, scheint sich das so genannte Corporate Influencing. Hier kommuniziert eine Person aus dem Unternehmen die Benefits des Produkts oder der Dienstleistung auf einer Social-Media-Plattform. So werden Mitarbeiter*innen zu Influencer*innen. Das ist fachlich sehr glaubhaft, denn wer kennt sich besser aus als die Person, die jeden Tag mit dem Produkt zu tun hat?
Ein gutes Beispiel dafür sind „The Movers“ der Bosch Rexroth AG – eine Kampagne mit sechs jungen Angestellten, die als Corporate Influencer die Marke nach außen hin präsentieren. Dabei werden sie in YouTube-Videos inszeniert und reden über wichtige Themen wie Nachhaltigkeit oder Diversität. Dafür gewannen sie auch den German Brand Award 2022 für „Excellence in Brand Strategy and Creation“. In der Begründung der Jury kann man dann sehr gut nachvollziehen, was an B2B-Influencer*innen Sinn macht: Zusammengefasst heißt es dort, dass „… die Markenbotschaften konsequent abgeleitet werden, die „Mover“ als Expertinnen agieren und dabei in den sozialen Netzwerken den Zeitgeist treffen“. Anders gesagt bedeutet das: B2B-Influencer Marketing macht Sinn, wenn es im Sinne der Marke Werte aufbaut, Mehrwert durch Fachwissen generiert – und das Ganze gut verpackt für die digitale Welt daherkommt.
Eine der großen Herausforderungen ist es, die richtige Person oder den richtigen Charakter zu finden. Dabei gilt es zu beachten, dass die Reichweite von Influencer*innen nicht das einzige Kriterium sein kann, an dem man sie oder ihn misst. Die Person sollte Werte vertreten oder eine Profession ausüben, die zum Unternehmen und zur Marke passt. Hat ein Unternehmen mit Chemie zu tun? Dann besser keine Bäcker*innen nehmen – es sei denn, man fährt auf Zusatzstoffe ab. Besser wäre ein Professor oder eine Professorin für Chemie oder eine Person aus der Wissenschaft, die Grundlagenforschung betreibt und bereits Außergewöhnliches erforscht hat. – oder eine Person, die Chemie besonders beim Thema Nachhaltigkeit vorantreibt. Wichtig ist die Relevanz, die Influencer*innen für die Kunden der B2B-Marke besitzen. Nicht schaden tut eine telegene Ader der Protagonist*innen – denn Spaß machen sollte das Anschauen der Inhalte natürlich auch. Und nicht alle Wissenschaftler*innen sind ein Jürgen Klopp. Vielleicht trifft hier also der etwas banale Satz: die Mischung macht’s.
Influencer Marketings scheint sich auch im B2B-Bereich weiter zu etablieren. Passend dazu gibt es zahlreiche Seiten, auf denen Marketer*innen den oder die passende Influencer*in finden können. Auf Onalytica reicht es zum Beispiel, sein Thema anzugeben und ein Algorithmus findet entsprechend die Top-Influencer*innen dazu.
Bemerkenswert ist auch der Trend hin zu Mikro-Influencer*innen. Diese besitzen im Moment noch nicht die große Reichweite, bestechen jedoch durch ihr fachspezifisches Wissen. Durch ihre Expertise verhelfen sie Dienstleistungen und Produkten zu authentischer Kommunikation und steigern das Vertrauen in eine Marke. Der Nährboden für mehr B2B-Influencer Marketing ist von Unternehmseite her auf jeden Fall bereitet, wie aus der neuesten Studie des „Erstes Arbeitskreises Social Media in der B2B-Kommunikation“ hervorgeht. Demnach sind 81 % der Unternehmen auf LinkedIn vertreten – die Corporate Influencer sind also weiter auf dem Vormarsch.
Wie auch immer man vorgeht: Wer auf Influencer Marketing setzt, sollte das vor allem im Rahmen einer strategischen Kampagne tun und sich möglichst genau mit den Influencer*innen auseinandersetzen. Ob man dann eher mit Micro- oder Macroinfluencer*innen arbeiten möchte, kann man auch in einer individuellen Kalkulation abschätzen. Schwierig messbar ist dort der Aspekt Glaubwürdigkeit - aber genau dort wird es entscheidend. Denn wo viel Überzeugungskraft liegt und die Influencer*innen vertrauenswürdig sind, wird auch die Conversion Rate hoch sein.